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Der Prinz und sein Maler

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Die Wände in Paul Putzars Arbeitsräumen in der Nähe der Wittelsbacher Brücke wirken wie gerade eben fertig geweißelt. Bilder lehnen an der Wand. Nur ein Poster mit einer in Schwarz-Weiß gehaltenen Collage klebt bereits. In der Ecke neben der Tür stehen ein Plattenspieler und ein Stapel alter Schallplatten. Paul, 24, trägt ein Button-Down-Hemd, das er dem Trend entgegen nicht ganz bis oben zugeknöpft hat und sitzt an seinem perfekt aufgeräumten Schreibtisch, bestückt mit einem großen iMac.

Paul ist Grafik-Designer, nach seiner Ausbildung hat er die Agentur Astral mitgegründet. Fans des Rappers Prinz Pi kennen mindestens eine seiner Arbeiten: Er hat das Album-Cover von „Kompass ohne Norden“ entworfen, Prinz Pis zwölftes Solo-Album, das im April 2013 direkt auf Platz eins der Deutschen Album-Charts eingestiegen ist. Den Albumtitel hat Putzar in ein Bild umgesetzt – ein schlichter Kompass, dessen Nordseite fehlt. „Ich mag Pauls unverkennbaren Stil und seine Treffsicherheit für stimmige Schriftkompositionen“, sagt der Musiker.

Neben Prinz Pi haben auch Macher der Münchner Musikszene Paul für sich entdeckt. Alle Artworks des DJ Duos Cocolores, der Autonomica Veranstaltungsreihen und immer mehr Plakate von No Hoax, den früheren Betreibern des Kongress und der Registratur, stammen von Paul.

Auf der Internetseite pputzar.tumblr.com zeigt er einen Ausschnitt seiner freien Arbeiten und Illustrationen. Es sind eigensinnige Welten: technoid und doch organisch. Abwechselnd gestaltet er architektonische Körper in luftleeren Räumen, pochende Muster, aber auch aufgeräumt-reduzierte Logos. Die Illustrationen sind vorwiegend einfarbig, den Zwischenraum von Schwarz und Weiß nutzt Putzar so effektiv wie möglich.
Ein auffallend oft wiederkehrendes Motiv in Pauls Werken ist das Achteck, das er in unterschiedlichsten Gestaltungsformen durchdekliniert und auf- und abtauchen lässt. „Ich beschäftige mich im Moment viel mit Sufismus, islamischer Mystik und persischer Literatur, daher kommt das Achteck“, sagt er. Die Acht ist eine mit spirituellen Symbolen aufgeladene Zahl und hat im Islam, Buddhismus, Christentum und vielen alten Kulturen ihren Platz und steht auch für das wiedergewonnene Paradies. Die Form selbst hat keine besondere Dynamik, sie liegt aber als ruhendes Zentrum inmitten von Bewegung.

Paul selbst strahlt Ruhe aus, wenn er spricht. Seine Worte wählt er sorgfältig. Tatsächlich ruhig ist er aber nicht, viele Fragestellungen bewegen ihn: Wo kommen wir her? Was ist der Ursprung? Wo gehen wir hin? Paul ist ein Suchender und ein Denker. „Wir befinden uns gerade in einem Moment, an dem wir in der Menschheitsgeschichte noch nie waren. Wegen unserer Rücksichtslosigkeit zerstören wir unseren eigenen Planeten. Ich versuche herauszufinden, was hinter meinem eigenen Verhalten und dem der Gesellschaft steckt“, sagt er.

Der Designer hat für sich die Stärke von freundschaftlicher Zusammenarbeit erkannt: „Ich habe mir früher wenig sagen lassen, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass Zusammenarbeit und Austausch mit Anderen ganz andere Perspektiven und Ideen entstehen lassen – und das Produkt, das am Ende herauskommt, ist viel reicher.“ Er steht viel in Kontakt mit anderen Designern. „Ich habe ein Bedürfnis danach, mich mit Menschen zu unterhalten, deren Arbeit ich gut finde“, sagt er. Auch Prinz Pi hat Paul so kennengelernt. „Ich habe früher oft seine Musik gehört und ihn über Facebook wissen lassen, dass ich gut finde, was er macht. Wir haben hin und her geschrieben, Gemeinsamkeiten entdeckt. Ich habe ihm Sachen von mir gezeigt und dann hat er mich gefragt, ob ich ihm ein wenig mit seiner Webseite helfen kann. Ich habe zugesagt und er hat mir einen Flug nach Berlin gebucht“, erzählt Paul. Prinz Pi zählt Paul inzwischen zu seinen engsten Freunden und macht auch schon Mal Werbung auf seiner Facebook-Fanpage für „den ebenfalls mit Doppel P Initialen gesegneten Münchner Gestalter“. Auch mit Cocolores, Autonomica und NoHoax verbinden Paul freundschaftliche Bande.

Seinen ersten Mac hat er mit 15 Jahren von einem Freund der Familie im Tausch für eine Webseite bekommen. Mit 14 Jahren hat er seine erste Webseite gemacht. Zum Gestalten hat Paul über das Programmieren gefunden. „Ich habe noch nie mit etwas anderem Geld verdient als mit Grafik und Code“, stellt er fest und in seiner Stimme schwingt ein kleines bisschen Stolz mit. Jetzt arbeitet er Vollzeit bei Astral und nimmt in seiner Freizeit Aufträge von Freunden an. „Bei meinem Tagesgeschäft in der Agentur arbeite ich sehr bedacht, in einem bestimmten Raster und nach festgelegten und vorgegebenen Formensprachen. Ich bin da ganz Dienstleister. Wenn Prinz Pi, Cocolores oder Autonomica mich buchen, dann bekomme ich natürlich auch Geld dafür, aber es ist etwas anderes als für große Konzerne zu gestalten. Die lassen mir komplett freie Hand. Ich soll einfach machen, es geht um meine Person und meinen Stil. Da geht es um die Form für Musik, die ich mag“, sagt er.

Formsuche und eine Darstellung komplexer Zusammenhänge materialisieren sich auch in Pauls Illustrationen. Spiele mit der Schwerkraft, Atomskulpturen und dazwischen doch wieder brachialer Minimalismus. Eine eigene Ordnung ist spürbar, die sich aber nicht ohne weiteres entschlüsseln lässt. Selbst Paul kann das nicht genau auflösen: „Meine freien Arbeiten kann ich sehr schlecht erklären. Da gibt es keine Faustregeln. Natürlich geistern mir Ansätze im Kopf herum, die ich dann festhalte, aber das Gestalten kommt ausschließlich aus dem Bauch“, erklärt er.

Seine Intuition hat er geschult. Er folgt vielen visuellen Online-Tagebüchern, um nach Grafiktrends zu forschen. Bis zu acht Blogs hat Paul phasenweise täglich besucht. „An einem gewissen Punkt musste ich aber Abstand davon nehmen, um etwas Eigenes zu schaffen. Es war wichtig, so viele visuelle Eindrücke aufzunehmen, das gärt dann in mir drinnen und wenn ich mich hinsetze um zu arbeiten, dann geht es darum, daraus ein eigenes Produkt herauszufiltern“, sagt er.
Seine freien Grafiken zeigen eine eigene Formsprache, die hinaus geht über ein bloßes Trendgespür – und die mittlerweile auch Konzerne aufmerksam gemacht haben. Für die Electronic Beats Radio App der Telekom etwa sollte er den Stil der Autonomica-Plakate einbringen.
Aus seiner Erfahrung als Gestalter hat er gezogen, dass jede Idee im Kopf mit genug Arbeit auch umsetzbar ist. „Ich glaube man kann es rufen und dann kommt es auch. Früher habe ich mir immer gewünscht, Plattencover zu gestalten und jetzt mache ich das“, sagt er.


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